Grüner Fächer
Die Stadt Böblingen ist naturräumlich in den Schönbuch und die angrenzenden Wälder eingebettet. Zentrales Element des städtischen Freiraumsystems ist der Stadtgarten samt seiner Seen sowie der in den letzten Jahren kontinuierlich entwickelte Flugfeld-Park. Auf Basis der vorhandenen auf diese beiden Freiräume ausgerichteten Grünstruktur bietet sich die große Chance, eine übergeordnete grüne Infrastruktur für die gesamte Stadt der Gestalt eines Fächers zu entwickeln in, der sich zukünftig von Dagersheim über Flugfeld-Park sowie Stadtgarten in der Kernstadt und weiter mit Abzweigungen in Richtung Thomaried, Wasserberg sowie das Murkenbachtal bis zum Stadtteil Rauher Kapf und den Flächen des ehemaligen IBM Entwicklungslabors erstreckt.
Der zukünftige Stadtteil Rauher Kapf wäre in einem solchen räumlichen Struktur hervorragend freiräumlich und infrastrukturell eingebunden und könnte aus der Einzigartigkeit der Lage im Wald auf der Kammhöhe sein besondere Identität generieren.
Archipel aus Quartieren
Ein weiteres Entwicklungspotenzial für einen gestärkten Stadtteil Rauher Kapf liegt in den spezifischen Eigenschaften der vorhandenen Wald- bzw. Wohnsiedlung „Rauher Kapf“, eines neuen Quartiers auf den Flächen des IBM-Entwicklungslabor, der Sport- bzw. Freizeitflächen des IBM-Klubs bzw. eines hier möglichen neuen Innovationsquartier, der Sport und Freizeitflächen westlich der Bahnlinie sowie ein produktives Quartier um den Standort von Schill- und Seilacher. Diese insgesamt fünf Quartiere liegen wie ein Archipel aus Quartiersinseln in einem von Wäldern geprägten Freiraum. Eine durchgängige und hochwertige Fuß- und Radwegeerschließung von der Haltestelle Zimmerschlag aus unter Einbindung vorhandener Freizeit und Wanderwege sowie eine langfristig angedachte Seilbahnanbindung in Richtung Schönaich bilden dabei das verbindende Netz, das die einzelnen Quartiere zusammenhält und den Austausch untereinander fördert. In diesem lokalen Raumgerüst sind das vorhandene Landschaftsschutzgebiet sowie der Freiraumkorridor mit dem zwischen Labor und Klub liegenden Waldflächen nicht nur als stadtklimatisch wichtige Flächen sondern auch als naturnah gestaltetes Parksystem für den Stadtteil zu betrachten, das durch gezielt ergänzte Wegeverbindungen und Überwege gestärkt wird.
Leitidee
Die städtebauliche Leitidee greift die landschaftsräumliche Identität des ehemaligen IBM Standorts auf und entwirft eine Lichtung in der Lichtung. Der räumliche Archetyp der Lichtung ist mit unzähligen positiven Assoziationen verknüpft und vereint auf kongeniale Art und Weise zwei grundlegende, räumliche Bedürfnisse des Menschen: Geborgenheit und Offenheit. Der abnehmenden Dichte der Baumstrukturen wird eine zunehmende Dichte der Baustrukturen entgegengesetzt, um sich Zentrum wiederum in einen großen urbanen Freiraum öffnen. Die Kontrastierung der gegenläufigen, verschränkten Dichte von Städtebau und Freiraum erzeugt doppelte Freiraumqualitäten. Der Entwurf vermag es, entgegenstehende Raumbedürfnisse auf engstem Raum zu vereinen. Baufeldstruktur und Bebauung ermöglichen einen umfassenden Erhalt des prägenden Baumbestands, der sorgfältig in die Freiraumgestaltung der Mitte sowie der Ränder integriert wird.
Die um die Mitte angeordneten Baufelder bilden dabei eigene Nachbarschaften mit einem kollektiv nutzbaren Freiraum als Treffpunkt. Die urbane Lichtung wird so nicht nur stadträumlich klar gefasst, sondern auch durch mit Leben gefüllt. Dem Erdgeschoss kommt eine besondere Rolle zu. Neben den klassischen Nutzungen wie Gastronomie und Dienstleistungen bieten spezielle Optionsräume im Sinne einer Quartiersallmende die Möglichkeit zur Teilhabe, Austausch und Kommunikation.
Im Wechselspiel von Landschaftselementen und Bebauung entsteht so ein Quartier mit ortsangemessener Dichte und Atmosphäre, das zeitgemäße Angebote an urbanem und vielfältigem, aber zugleich auch durchgrüntem Wohnen und Arbeiten bieten. Klar ablesbare, dabei je nach Situation differenziert gemischte Gebäudetypen auf Basis des NOKERA Systems sowie ergänzenden Sonderbauten schaffen eine einladende Atmosphäre und schaffen zugleich Wohnraumangebote, deren räumliche Qualitäten und Freiräume für Bewohnergruppen in unterschiedlichen Lebensphasen und unterschiedliche Einkommensgruppen ein Zuhause sein können.
Insgesamt bietet das Quartier 670 Wohneinheiten und ca. 290 Arbeitsplätze.